Bruno S. Frey im Gespräch mit Dr. René Scheu: Vier frische Ideen für eine bessere Gesellschaft.
CEOs und Bundesräte sollten per Los ermittelt werden, sagt Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Bruno S. Frey im Interview mit Dr. René Scheu, Geschäftsführer des IWP. Der Basler Ökonom ist überzeugt, dass diese auf den ersten Blick ziemlich verrückte Idee Früchte tragen würde. Eine Zufallsauswahl aus einem Pool von geeigneten Kandidaten führe nämlich dazu, dass der Glückliche seiner Position mit mehr Demut begegne. Schliesslich wisse der Amtsträger oder der Unternehmensleiter dann, dass es auch viele andere qualifizierte Kandidaten gab, die nur aus Pech nicht zum Zuge kamen. Und Demut sei besser als Arroganz - für alle Beteiligten.
Im Videocast stellt Bruno S. Frey in 10 Minuten vier kreative Ideen vor, wie man die Schweiz institutionell weiterentwickeln könnte. Sie erfahren beispielsweise, warum die Option für eine Frühpensionierung mit 50 Jahren für die Schweiz ein interessantes Modell sein könnte.
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Inhalt
Wenn man zufällig auswählt, dann weiss der Ausgewählte oder die Ausgewählte, dass es noch andere Personen gibt, die diese Aufgabe auch hätten erfüllen können. Und dann, sind sie nicht so grössenwahnsinnig. Klappe, los! Im ersten Moment scheint es völlig verrückt. Wir sind ja gewöhnt, immer zu denken, dass ein CEO, oder ein Bundesrat, oder ein Richter, ganz besonders gut ausgebildet sein muss, besonders fähig für die Aufgabe. Aber empirische Untersuchungen zeigen, dass das nicht der Fall ist. Dass man, wenn man mal eine Grundauswahl, also einige Leute bestimmt hat, die ein Amt übernehmen könnten. Zum Beispiel, ein Bundesrat werden können. Dann spielt es keine grosse Rolle mehr, wer unter den fünf oder sechs dann ausgewählt wird. Wenn man zufällig auswählt, dann weiss der Ausgewählte oder die Ausgewählte, dass es noch andere Personen gibt, die diese Aufgabe auch hätten erfüllen können. Und dann, sind sie nicht so grössenwahnsinnig. Das gilt besonders für Leiter von Unternehmungen, also für CEOs. Da gibt es sogar sehr interessante empirische Untersuchungen, die zeigen, dass diese CEOs immer meinen, wenn etwas gut läuft, dann waren sie es. Wenn etwas schlecht läuft, waren es immer die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse. Ein neues Abstimmungssystem, das abweicht von dem, was wir immer gewöhnt sind, nämlich die einfache Mehrheit, dass die einfache Mehrheit entscheidet. Es gibt sogar viele Philosophen, die sagen, Demokratie ist identisch mit einfacher Mehrheitsabstimmung. Ich finde das völlig falsch. Nehmen Sie einen konkreten Fall. Wir stimmen ab, ob 16- bis 18-Jährige abstimmen dürfen. Wenn mehr als 50 % der Stimmberechtigten sagen: Ja. Dann haben sie volles Gewicht. Wenn weniger als 50 % das sagen, dann haben sie, haben die 16- bis 18-Jährigen, überhaupt kein Gewicht. Und das ist doch komisch. Es ist so Null, Eins. Ich schlage vor, dass wenn beispielsweise 60 % der Stimmberechtigten finden: Ja, die 16- bis 18-Jährigen sollten abstimmen dürfen, dass ihr Gewicht nur 60 % ist und nicht 100 %. Und wenn nur, angenommen nur 30 % der Stimmberechtigten, oder die eben, die abgestimmt haben, sagen: Ja, man sollte den Jungen dieses Recht geben, dann sollten sie es haben, aber nur mit einem Gewicht von 30 %. Ich schlage vor, dass es die Möglichkeit, dass sie Möglichkeit erleichtert wird, schon mit 50 Jahren sich pensionieren zu lassen. Also mit der AHV, mit privaten Versicherungen geht es ja ohnehin. Sondern, die AHV sollte leichter ermöglichen, dass man mit 50 wählen kann: Möchte man den gleichen Beruf weiterverfolgen? Möchte man etwas ganz anderes machen, wovon man immer geträumt hat? Ich kenne zwei Leute, die das gemacht haben. Also, die kenne ich jetzt wirklich persönlich. Der eine war ein berühmter Professor für Chemie an der, an der Eidgenössischen Technischen Hochschule. Also wirklich jemand, der viel über Chemie weiss: Der bindet jetzt Bücher. Der macht eine Lehre, Bücher zu binden, weil ihn das, das ganze Leben sehr interessiert hat. Ein anderer, auch eine sehr, sehr, der hatte eine sehr, sehr hohe Position in der Schweiz, in der Exekutive, und der wird jetzt, macht eine Schreiner-Lehre. Genauer eine An-Lehre. Er schreinert halt gerne. Und möchte das machen, und das sind nicht Leute, die altersmässig das machen müssen. Ich finde, wenn wir mit 50 sozusagen ein Signal bekämen, dass wir etwas Neues machen können, aber nicht müssen. Es wird niemand gezwungen. Aber viel wichtiger wäre, das zu öffnen. Und so, dass die Leute dann ihre Träume ein bisschen besser verwirklichen können. Die Universität ist leider kein Ort mehr für ungewöhnliche, unorthodoxe, neue Ideen. Und der Grund ist, dass wir das Bologna-System ungut angewendet haben. Wir haben, ein bisschen übertrieben gesagt, die Universitäten zu Schulen gemacht.
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