Satanistische Verschwörungstheorie im Umlauf | «Satanic Panic 1» | rec. | SRF Dok
Eine Verschwörungserzählung kursiert in der Schweiz: Im Untergrund operierende Zirkel von Satanisten würden in grausamen Ritualen Kinder quälen, sexuell missbrauchen und sogar schlachten. Trotz ernsthaften Ermittlungsbemühungen der Polizei fehlen Beweise.
SRF Virus-Moderator Robin Rehmann erhielt vor vier Jahren eine Mail von einer jungen Frau, die schrieb, sie sei in einer satanischen Sekte aufgewachsen und rituell missbraucht worden. In diesen Ritualen seien auch Babys geopfert worden und sie hätte Blut trinken müssen. Robin Rehmann besucht infolgedessen mehrere Informationsveranstaltungen und Seminare von CARA (Care About Ritual Abuse) und lernt Leute kennen, die an diese unvorstellbaren Schilderungen glauben. In Gesprächen mit Vertreter:innen des Vereins, aber auch mit Psychologinnen und Psychiatern, die vermeintliche Opfer von satanistischen rituellen Gewalttaten therapieren, zeigt sich immer mehr, dass die Erzählungen an Verschwörungstheorien der bekannten Gruppe QAnon erinnern.
Religions- und Sektenexperte Georg Otto Schmid bestätigt dies. Das Verschwörungsnarrativ der satanistischen rituellen Gewalt sei seit der Coronazeit mit der QAnon-Bewegung noch übersteigert worden. Dass eine solche Erzählung auch von Therapeut:innen oder Lehrer:innen geglaubt wird, schätzt Schmid als höchst fragwürdig und gefährlich ein.
Dass sich Betroffene an satanistische Rituale und Ereignisse zu erinnern glauben, ist mit dem “false memory syndrome” zu erklären. Falsche Erinnerungen aus der frühesten Kindheit können beispielsweise in Therapiesettings suggeriert werden.
Robin Rehmann besuchte Gabriela Hagger, deren Tochter wegen einer psychischen Erkrankung unter anderem auch auf der Traumastation der Klinik Littenheid in Therapie war. Sie berichtete plötzlich Teil von satanistischen Ritualen zu sein.
Ein Gespräch mit dem Dr. Matthias Kollmann, Oberarzt der Traumastation der Klinik Littenheid bestätigt, dass der Oberarzt glaubt, es gäbe tatsächlich satanistischen, rituellen Missbrauch. Mit dieser Haltung, so Kovic und Schmid, könne er bei Patient:innen grossen Schaden anrichten. Auch Psychiaterin Regula Schwager, die für die Opferhilfestelle des Kantons Zürich “Castagna” arbeitet, hält die Schilderungen der Opfer von vermeintlicher satanistischer, ritueller Gewalt für wahr.
Unter “Satanic Panic” war der Glaube an satanistische Gewaltrituale bereits in den 80er und 90er Jahren in den USA verbreitet. Diese Verschwörungstheorie verbreitete sich, weil plötzlich viele Betroffene erzählten, sich daran erinnern zu können, von satanistischen Täterkreisen missbraucht worden zu sein. Solche Erinnerungen kamen zumeist im Zuge von Trauma-Erinnerungstherapien zum Vorschein. Die Täter seien angeblich in geheimen satanistischen Zirkeln verbunden, würden ihre Opfer schwängern, die Neugeborenen auf einem Altar töten und essen. Beweise für solche Zirkel und Rituale konnten keine erbracht werden.
Primarlehrerin nachträglich anonymisiert
Bist du betroffen? Hier findest du Hilfe:
Die Sekteninfo Nordrhein-Westfalen hat sich 2006 und 2020 intensiv mit dem Thema befasst. Die ausführliche Information zur Verschwörungserzählung findest du hier:
„rituelle-gewalt-mind-control“-theorie
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00:00 Intro
02:00 Robin & Ilona besuchen einen Informationsanlass des Vereins «CARA»
04:50 Ruth Mauz, Gründerin des Vereins «CARA»
06:28 Thomas Werner, Leiter des Kinderschutzes Zürich
09:24 Das sagt Sozialwissenschaftler Marko Kovic zur Verschwörungstheorie
11:03 Gabriela Hagger erzählt, wie ihre Familie aufgrund der Verschwörungstheorie zerbrochen ist
14:04 «False Memory Syndrome» und «Satanic Panic»
15:19 Religions- und Sektenexperte Georg Otto Schmid
18:07 Daniel Vuilliomenet und Marianne Lander sind von der Verschwörungstheorie überzeugt
22:44 EDU-Poiltiker Samuel Kullmann
24:45 Oberarzt Matthias Kollmann
28:47 Primarlehrerin
31:35 Regula Schwager, Psychiaterin und Leiterin der Opferhilfe «Castagna»
34:43 Robin und Ilona konfrontieren die Protagonist:innen
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▪ Eine Reportage von Robin Rehmann und Ilona Stämpfli
▪ Senior Producer: Vanessa Nikisch
▪ Leitung: Daniel Pünter
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