Jiddu Krishnamurti - Die LIEBE zur WAHRHEIT ist stärker als der Sog der Gesellschaft
Ist es möglich, ohne psychologische Verhaltensmuster zu leben?
Als Verhaltensmuster bezeichnet man die Tradition, eine Schlußfolgerung bzw. Vorurteil, ein Ideal bzw. Vorbild, z. B. daß ich in der Zukunft von einer göttlichen Instanz erlöst werden werde usw.
Wie finden Sie dann heraus, ob das möglich ist? Verstehen Sie meine Frage?
Wir meinen hier nicht, daß Sie die Idee von Freiheit von Verhaltensmustern vom Sprecher übernehmen sollen, sondern Sie selbst sind als menschliches Wesen - als Repräsentant der gesamten Menschheit - gefragt, herauszufinden, wie man den Wahrheitsgehalt dieser Aussage feststellen kann.
Weil Sie mit Ihrer Erforschung, Ihrer Erkenntnis und dem damit einhergehenden, tiefgreifenden Bewußtseinswandel das Bewußtsein der gesamten Menschheit positiv beeinflussen werden. Bitte erkennen Sie das.
Wenn Ihr Bewußtsein, welches das Bewußtsein der Menschheit ist - nicht bloß der europäischen Menschen oder der chinesischen Menschen - sondern eines menschlichen Wesens, wenn dieses Bewußtsein eine radikale Verwandlung unterläuft dann wirkt sich das auf die gesamte übrige Menschheit aus. Das ist eine Tatsache!
Stalin hat die ganze Welt verändert, genauso wie Hitler. Ebenso haben verschiedene Prediger, Propheten oder Priester das Bewußtsein der gesamten Menschheit beeinflußt.
Die gesamte christliche Welt ist beeinflußt von den Dogmen, Glauben und Ritualen einer katholischen Struktur. Die ganze europäische Welt wurde davon erfaßt und setzte ihre Entwicklung innerhalb dieser Struktur fort. Bitte sehen Sie also die Wahrheit darin. Dann entsteht in Ihnen ein tiefes Verantwortungsgefühl. Dann hören Sie auf, über ihre kleinen nichtigen Sorgen zu grübeln, ob Sie zu wenig Sex haben oder gar keinen Sex haben, ob Sie rauchen sollten oder besser nicht rauchen und all der Zirkus über Ihre kleinen Nichtigkeiten im Alltag.
Wir werden jetzt gemeinsam erforschen, ob ein Leben möglich ist, in dem es nicht den Hauch von Autorität gibt.
Wie sollen wir an die Sache herangehen, sie erforschen? Die Schwierigkeit liegt nämlich darin, daß sich unsere Erziehung bewußt oder unbewußt in diese Erforschung miteinmischt. Der Hintergrund unserer Erforschung ist an der gesellschaftlich anerkannten Gewohnheit gebunden, zu gehorchen. Die Gesellschaft sagt uns von Kind auf: “Gehorche! Wir wissen es besser als du“.
“Für die Dummen liegt die Erlösung in der Herrschaft der Weisen“, sagt man.
Wie gehen wir nun an das Problem heran? Es ist Ihr Problem. Ein Menschheitsproblem. Mit welchem Aufwand, welcher Ernsthaftigkeit werden Sie das erforschen? Echtes Forschen bedeutet, daß der Geist frei sein muß vom “Ursache und Wirkung“-Denken, nicht wahr?! Verstehen Sie? Um zu erforschen, muß man frei von egoistischen Absichten sein. Ich
frage mich, ob Sie das sehen können. Nein?!
Ich möchte mit Ihnen die Frage der Autorität beleuchten. Mein Hintergrund sagt: “Du mußt gehorchen, du mußt folgen.“
Und während des Prozesses, in dem ich das Problem, das autoritärer Gehorsam mit sich bringt, zu lösen versuche, mischt sich meine Erziehung ständig ein und stört meine Beobachtung, indem eine Stimme sagt: “Aber es braucht doch Regeln und Gesetze!“. Die Frage lautet nun: Kann ich von meinem Glaubenssatz, meiner Erziehung frei sein, die mir Autorität als etwas Normales und Notwendiges erklärt, damit sie sich in keinster Weise in meine Beobachtungen einmischen kann?
Meine eigene Dringlichkeit, die mich antreibt die Wahrheit herauszufinden, mein Drang, mein Gefühl von unbedingter Notwendigkeit, eine Antwort darauf finden zu müssen, mein Verlangen, die Wahrheit auf diese Frage herauszufinden, läßt den Hintergrund verblassen! Meine Intensität ist dann so stark, daß sich meine Konditionierung und Erziehung nicht mehr einmischen können. Verstehen Sie, worauf das hinausläuft? Ich frage mich, ob Sie das können.
Sehen Sie... Der Sog der Gesellschaft ist so stark. Meine Erziehung, meine Konditionierung haben sich über Jahrhunderte aufgebaut und ich allein habe nicht die Kraft mich ihres Einflusses zu entziehen oder sie wegzudrängen. Ich kann mit dem Hintergrund nicht kämpfen. Wenn ich ihn bekämpfe, mache ich ihn nur stärker. Ich habe auch keine Zeit ihn zu analysieren, Schritt für Schritt. Das Leben ist zu kurz dafür.
Doch meine Intensität selbst, eine Antwort für das Problem der Autoritätshörigkeit zu finden, läßt den Hintergrund noch weiter in den Hintergrund rücken. Verstehen Sie, was ich meine? Er ist dann keine Stecknadel mehr, die in meinem Geist steckt. Sehen Sie das? Es ist logisch, nicht wahr? Den Hintergrund bekämpfen, macht ihn nur stärker.
Richtig? Doch das Gefühl der Dringlichkeit auf der Suche nach der Wahrheit in der Autoritätsfrage, die Dringlichkeit, denn es ist ungemein wichtig die Wahrheit über das Autoritätsverhalten zu entdecken, weil dann die Freiheit da ist, beobachten zu können, forschen und herausfinden zu können.
Ich hoffe ich setze Sie gerade durch meine eigene Intensität nicht zu sehr unter Druck.
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